DIN 18005: Grundlagen, aktuelle Fassung und Neuerungen der Normen-Novelle 2023

Die DIN 18005 „Schallschutz im Städtebau“ ist essentiell für jedes Projekt der städtebaulichen Planung. Sie richtet sich an Gemeinden, Städteplaner, Architektinnen und Bauaufsichtsbehörden und gibt vor, wie der Schallschutz im Rahmen der Bauleitplanung zu berücksichtigen ist. Sie gilt nicht für die Anwendung in Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren.

Im Juni 2023 wurde eine überarbeitete Version der Norm veröffentlicht. Lernen Sie hier alles über die Grundlagen, vor allem aber die Änderungen der neuen DIN 18005 – in unserem kompakten Artikel oder dem ausführlicheren, kostenfreien Webinar.

 

Webinar: Die neue DIN 18005 – Was ändert sich, wo lauern mögliche Konflikte?

  • In unserem Webinar erläutern wir noch mehr Änderungen als im folgenden Artikel
  • Uum Beispiel die neuen Abstandwerte für Industrie- und Gewerbegebiete
  • Wir gehen auf die Genese der neuen Version ein und liefern Insights in den Normungsausschuss

Jetzt kostenfrei ansehen

Was ist die DIN 18005?

Die DIN 18005 ist die grundlegende deutsche Norm im Bereich des Schallimmissionsschutzes im Rahmen der Bauleitplanung. Sie legt als Zielvorstellungen für die städtebauliche Planung schalltechnische Orientierungswerte für gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse fest und gibt also vor, wie Lärmbelastungen in den verschiedenen Gebietstypen zu beurteilen sind. Besonders relevant ist die Norm bei der Erstellung und Änderung von Bebauungsplänen und Flächennutzungsplänen.

 

Das Beiblatt 1 der DIN 18005 enthält die Orientierungswerte für Beurteilungspegel, die als Grundlage für die Beurteilung von Schallimmissionen im Rahmen der Bauleitplanung dienen. Es unterscheidet dabei verschiedene Lärmarten (Verkehrslärm und Anlagenlärm) sowie verschiedene Gebietstypen (Wohngebiete, Mischgebiete, Gewerbegebiete usw.).

Die Orientierungswerte  aus dem Beiblatt der DIN 18005 sind für die Aufstellung und Änderung von Bebauungsplänen und Flächennutzungsplänen von großer Bedeutung – auch wenn das Beiblatt 1 offiziell keinen normativen Charakter hat, ist es für die Praxis unverzichtbar. Die novellierten Orientierungswerte finden Sie im nächsten Abschnitt.

 

Wie oben beschrieben, dürften für die meisten Stadtplanerinnen und Stadtplaner die Änderungen im Beiblatt 1 am relevantesten sein (→ über noch mehr Änderungen sprechen wir übrigens in unserem Webinar).

Beiblatt 1 enthält die „Tabelle 1“ mit den Orientierungswerten und damit den Kern für die Bauleitplanung – die meisten Fachleute auf diesem Gebiet könnte man vermutlich nachts wecken und Sie würden diese Tabelle sofort aufzählen können.

Zur Erinnerung hier zunächst die Orientierungswerte und Gebietstypen vor der Änderung:

 

 

Und wie haben sich die Werte in der 2023er-Version geändert? Das zeigt die folgende Tabelle:

 

Hier springen die neu aufgenommenen „Dörflichen Wohngebiete“ und „Urbanen Gebiete“ ins Auge, die 2017 in die Baunutzungsverordnung (BauNVO) aufgenommen wurden und nun auch in der DIN 18005 genannt werden. Kerngebiete werden zudem nicht mehr gemeinsam mit Gewerbegebieten bewertet, sondern zur eigenen Kategorie mit erhöhtem Schutzanspruch.

Nicht nur im Beiblatt, auch in der Norm selbst gab es einige Änderungen.

Zu nennen sind hierbei z. B. die Änderungen, die sich durch die in den letzten Jahren ebenfalls überarbeiteten Berechnungsvorschriften für den Straßen- und Schienenverkehrslärm (RLS-19 bzw. Schall 03) ergeben haben. Die geänderten Berechnungsvorschriften haben sich auf die in der DIN 18005 genannten Abstände ausgewirkt, die zur Einhaltung der Pegel ungefähr zu den Verkehrswegen einzuhalten sind. Diese Abstände gestalteten sich früher so:

Die Änderungen der Novelle haben wir rot (größere Abstände), grün (kleinere Abstände) sowie fett (neue „Hochgeschwindigkeitsstrecke“) markiert.

Welche Konflikte können durch die Änderungen bei laufenden Projekten entstehen?

Besonders die Änderungen im Beiblatt 1 können Risiken für bereits laufende Verfahren bergen, da diese noch an der Version von 1987 ausgerichtet sind. So hat zum Beispiel das Kerngebiet neue Orientierungswerte und einen höheren Schutzanspruch erhalten. Wurde die Schallimmissionssituation in einem Kerngebiet in einem laufenden Projekt schon beurteilt, könnten ohne eine Neubewertung Lärmkonflikte falsch beurteilt werden, was zu rechtlichen Risiken für den Bebauungsplan und somit zu Verzögerungen im Verfahren führen kann.

Umgekehrt kann im Falle eines Wochenendhausgebietes eine Neubewertung ergeben, dass bereits geplante Lärmschutzmaßnahmen zu umfangreich dimensioniert sind und geringer ausfallen können, da diese aufgrund der veränderten Orientierungswerte nun einen geringeren Schutzanspruch haben.

Weitere Risiken für die Bauleitplanung, beispielsweise in Bezug auf urbane Gebiete, besprechen wir in unserem zugehörigen Webinar. → Hier können Sie es sich ansehen.

 

Wo erhält man die komplette Fassung der DIN 18005 und weiterer Normen?

Die vollständige Fassung der DIN 18005 kann beim Deutschen Institut für Normung (DIN) respektive dessen Tochterunternehmen Beuth Verlag, erworben werden. Sie steht in der Regel als kostenpflichtiges Dokument in gedruckter oder digitaler Form (PDF-Format) zur Verfügung. Zusätzlich gibt es öffentlich zugängliche Informationsseiten im Internet, die über die Regelungen der DIN 18005 informieren und auch einen Überblick über die Orientierungswerte etc. geben.

Interview mit Dr. Daniel Höhne-Mönch, Mitglied des zuständigen Normungsausschusses und Leiter der Bereiche Schallimmissionsschutz und Bauphysik bei Wölfel, über die Änderungen der neuen DIN 18005.

Wenn Sie die Änderungen in der DIN 18005 mit einem knappen Satz beschreiben müssten – wie lautete dieser Satz?

Die Norm wurde nach über 20 bzw. im Fall des Beiblatts 1 nach über 35 Jahren inhaltlich wieder auf den Stand der Technik gebracht.

Müssen Behörden und Planungsbüros angesichts der Änderungen ihre Arbeitsweise anpassen?

Nein. Die DIN 18005 und das Beiblatt 1 sind in ihrem Aufbau nicht grundlegend verändert worden, sodass Planende und Kommunen wie bisher damit arbeiten können. Die Änderungen liegen im Wesentlichen in den Details. Aktuell laufende Planungsverfahren sind aber ggf. auf die teils neuen Randbedingungen anzupassen, was zu einem Mehraufwand führen kann. Ich empfehle zu der Frage auch unser Webinar.

Warum hat sich der Prozess der Novellierung so lange hingezogen?

Der Prozess dauerte letztlich doch knapp 10 Jahre. Hier spielten verschiedene Gründe eine Rolle, u.a. dass sich in dieser Zeit während der Bearbeitung gesetzliche Regelwerke änderten und bauliche Nutzungsgebiete neu eingeführt wurden. Des Weiteren machte die Corona-Krise auch vor dem Ausschuss nicht halt.

Was waren kontroverse Themen?

Kontroverse Themen waren unter anderem die Erarbeitung von Orientierungswerten für das vor einigen Jahren eingeführte Urbane Gebiet. Außerdem wurde diskutiert, ob Orientierungswerte nicht einen – aus juristischer Sicht – normativen Charakter erhalten sollten, indem sie nicht mehr als Beiblatt, sondern als Anhang veröffentlicht werden. Die Idee wurde letztlich aber in einer recht knappen Entscheidung verworfen.

Wie setzt sich der Normenausschuss zusammen? Wurden am Ende alle Interessen berücksichtigt?

Der Normenausschuss setzt sich im Wesentlichen aus Vertretern der Politik, Wirtschaft, aus Umweltverbänden und dem Gutachterwesen zusammen. Kontroverse Themen werden ausführlich diskutiert und Entscheidungen mittels Mehrheitsbeschluss gefällt. Normenarbeit lebt wie in vielen anderen Lebensbereichen folglich auch immer von Kompromissen. Insofern konnten am Ende sicherlich nicht sämtliche Einzelinteressen berücksichtigt werden. Meiner Meinung nach ist das Ergebnis in seiner Gesamtheit dennoch rund und stimmig geworden.

 

Sie haben Fragen zur Norm oder brauchen Unterstützung beim Immissionsschutz?

→ Dann melden Sie sich gerne direkt bei Dr. Daniel Höhne-Mönch

Neben der DIN 18005 gibt es weitere Regelwerke, Normen und Gesetze, die im Kontext des Schallimmissionsschutzes bei der Bauleitplanung relevant sind:

 

Baugesetzbuch

Das Baugesetzbuch (BauGB) regelt die grundlegenden rechtlichen Bestimmungen zur Bauleitplanung. Es enthält Vorschriften, die die Planung, Zulässigkeit und Durchführung von Bauvorhaben betreffen. Das BauGB legt die allgemeinen Planungsgrundsätze fest und definiert auch die verschiedenen Arten von Plänen, die im Rahmen der Bauleitplanung erstellt werden.

 

Baunutzungsverordnung

Die Baunutzungsverordnung (BauNVO) ist eine Rechtsverordnung. Sie bestimmt, welche Festsetzungen in Bauleitplänen getroffen werden können, um Art und Maß der baulichen Nutzung zu regeln. So legt sie beispielsweise fest, welche Nutzungen in einem Gebiet zulässig sind und bestimmt somit die Charakteristik von Wohn-, Misch-, Kern- und Gewerbegebieten etc. – also jenen Gebietstypen, für die die DIN 18005 konkrete Orientierungswerte festlegt.

 

Bundes-Immissionsschutzgesetz

Das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) bildet die rechtliche Grundlage für den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen, einschließlich Lärm.

 

Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm

Die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) ist eine Allgemeine Verwaltungsvorschrift, die neben Berechnungsvorschriften auch Immissionsrichtwerte zur Beurteilung von Anlagenlärm enthält. Sie hat insbesondere für die Genehmigung von Gewerbe- und Industrieanlagen Bedeutung. Gemäß Rechtsprechung sind ihre Immissionsrichtwerte jedoch auch für die Bauleitplanung bindend.

 

18. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes

Die 18. BImSchV (auch „Sportanlagenlärmschutzverordnung“) gilt für die Errichtung, die Beschaffenheit und den Betrieb von Sportanlagen. Die in ihr genannten Immissionsrichtwerte und Beurteilungszeiträume sind im Rahmen der Bauleitplanung maßgeblich für die Beurteilung von Sportlärmimmissionen.

 

16. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes

Die 16. BImSchV (auch „Verkehrslärmschutzverordnung“) konkretisiert die Anforderungen des BImSchG in Bezug auf Verkehrslärm. Sie gilt für den Bau und die wesentliche Änderung von Verkehrswegen. Ihre Immissionsgrenzwerte können im Rahmen der Bauleitplanung zur Abwägung gesunder Wohnverhältnisse in Bezug auf Verkehrslärmimmissionen herangezogen werden.

 

RLS-19

Die RLS-19 (Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen) ist die Berechnungsvorschrift für die Ermittlung der Beurteilungspegel des Straßenverkehrslärms. Die Version 19 (bezogen auf das Jahr der Veröffentlichung 2019) löst die RLS-90 (veröffentlicht 1990) ab.

 

Schall 03

Die Schall 03 („Berechnung des Beurteilungspegels für Schienenwege“) ist die Anlage 2 der 16. BImSchV und enthält die bei der Schallimmissionsprognose von Schienenverkehrslärm zu beachtenden Berechnungsvorschriften. Mit Inkrafttreten der überarbeiteten Fassung von 2015 entfiel der sogenannte „Schienenbonus“.

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